Autoversicherung rechtzeitig wechseln
Sinkende Beiträge bei der Autoversicherung? Von wegen. Die Gesellschaften drehen in diesem Jahr kräftig an der Preisschraube. Noch können Kunden allerdings gegensteuern.
Die Prämien in der Kfz-Haftpflicht haben sich bereits seit Jahresanfang im Schnitt um drei bis vier Prozent verteuert. Dabei bleibt es freilich nicht – einige große Versicherer wie die Allianz haben bereits angekündigt, noch einmal die Preise zu erhöhen. Die meisten Versicherer können gar nicht anders. Ihre Schaden-Kosten-Quote hält sich hartnäckig über der 100-Prozent-Marke, das heißt, sie zahlen mehr für die Schadensbegleichung, als sie durch die Prämien einnehmen. Im Moment sind es pro 100 Euro etwa sieben Euro Verlust. „Viele Autoversicherer arbeiten defizitär“, bestätigt auch Wolfgang Schütz vom Verbraucherportal Transparo.
Warum sich dieses Zuzahlgeschäft überhaupt so lange gehalten hat? Das liegt vor allem daran, dass viele Unternehmen der Branche die Autoversicherung als Türöffner ansehen und hoffen, dem Kunden auch andere Policen wie Haftpflicht, Rechtsschutz, Unfall und Leben verkaufen zu können. Diese Taktik geht jedoch immer weniger auf, weswegen die Versicherer umdenken und versuchen, die tatsächlichen Kosten weiterzureichen.
Sonderkündigungsrecht bei Tarifanstieg
Normalerweise müssen Versicherte spätestens einen Monat vor Ablauf ihrer Police, die in der Regel ein Jahr läuft, kündigen, sprich bis zum 30. November. Ändert sich jedoch der Tarif, haben sie ein Sonderkündigungsrecht. Vor diesem Schritt sollte sich der Versicherte bereits auf ein neues Angebot festgelegt haben.
Zahlreiche Tarifänderungen in der Autoversicherung
Freilich ist die Wahl eines neuen Anbieters gerade in diesem Jahr alles andere als einfach. Zum einen ändern sich häufig nicht nur die Typklassen, sondern auch die Rabattstaffeln. Vor allem bei den Schadenfreiheitsrabatten ergibt sich eine neue Struktur, die insbesondere Fahranfängern und alten Hasen mit unfallfreiem Fahrer-Lebenslauf zugutekommt. Fahranfänger zahlen künftig nicht mehr 200 oder gar 245 Prozent Prämie, sondern nur noch 100 oder gar 94 Prozent. Und wer 25 Jahre (SF 25) und mehr unfallfrei gefahren ist, darf sich auf einen Beitragssatz von weniger als die bisherigen 30 Prozent freuen. Die Mindestprämie kann künftig bei 35 unfallfreien Jahren auf 20 Prozent des Grundbetrags rutschen. Die bisherige Staffel reicht von SF 0 bis SF 25.
Die neue Struktur hat jedoch ihre Tücken: Der sogenannte Rabattretter entfällt in der Regel – er erlaubte bislang einen Schaden ohne Beitragserhöhung. Das heißt umgekehrt, bei einem Unfall wird der alte Hase künftig heraufgestuft. Von dieser neuen Struktur profitieren nicht nur Fahranfänger und Veteranen, sondern auch die meisten anderen Versicherten. Wer beispielsweise in SF 16 eingestuft ist, kann hoffen, statt mit 40 künftig mit 30 Prozent des Grundbetrags klassifiziert zu werden.
Ein halbierter Satz ist jedoch nicht gleichzusetzen mit halbierten Beiträgen. Denn die Versicherer setzen parallel zur Einführung der neuen Rabattstaffel häufig den Grundbetrag nach oben, schließlich müssen sie die Änderungen abfangen, damit die Modifikation für sie nicht zum Verlustgeschäft wird. Daher können 40 Prozent bei dem einen Anbieter günstiger sein als 30 Prozent bei einem anderen Versicherer, die Höhe der Prämie ist entscheidend. Letztlich dürfte sich für viele Autobesitzer wenig ändern. In Einzelfällen kann es durch die neue Struktur sogar zu höheren Prämienzahlungen kommen.
Die Verbraucherzentralen sind alles andere als glücklich über die Neustrukturierung, schließlich verschlechtert sich dadurch die Transparenz in der Autoversicherung. Für Wechselwillige bedeutet das, sie müssen noch genauer die Preise vergleichen und vor allem auf die Haken und Ösen achten, gegebenenfalls sogar bei dem Versicherungsunternehmen nachfragen. Jeder Fall ist anders, deswegen sind Versicherte am besten beraten, ihren Fall mit einem Vergleichsrechner im Internet durchzuspielen – noch besser: mit mehreren.
Was Prämienhöhe und Rabatte der Kfz-Versicherung beeinflusst
Tarifmerkmale – wichtige Leistungen:
► Hohe Haftpflichtsummen: Empfehlenswert ist eine Haftpflicht mit 100 Millionen Euro Deckungssumme.
► Mallorca-Police: Der Haftpflichtschutz sollte auch ein im Ausland gemietetes Auto einschließen, denn im Ausland gelten in der Regel nur die gesetzlichen Mindestversicherungssummen. Beispiel: In Spanien sind dies bei Personenschäden lediglich 350 000 Euro, in Griechenland eine halbe Million Euro. Darüber hinaus reichende Schadensersatzansprüche kann der Unfallverursacher auf diesem Weg über seine deutsche Haftpflicht decken.
► Verzicht auf Einwand grober Fahrlässigkeit: So begleicht der Versicherer Kaskoschäden, auch wenn der Kunde, etwa abgelenkt von Kindern im Fond, eine rote Ampel überfährt und so einen Unfall verursacht. Ausgenommen bleiben Unfälle wegen Alkohol- oder Drogenmissbrauchs.
► Sonderausstattungen: Sie sollten mindestens mit 3000 Euro beitragsfrei mitversichert sein.
► Neuwertentschädigung: Schäden am Neufahrzeug sollte der Versicherer mindestens bis zu sechs Monate, besser noch bis zu einem Jahr nach Erstzulassung zum Neuwert und nicht nur zum für den Kunden nachteiligen Zeitwert ersetzen.
► Schutz bei Marderbiss: Die Kasko sollte Schäden durch Marderbisse an Schläuchen und Verkabelungen inklusive der Folgeschäden decken.
► Unfälle mit Haus-/Nutztieren: Über die Wildschadenklausel sollten auch Zusammenstöße mit Kühen, Schweinen, Hunden und Katzen abgedeckt sein.
Rabatt-Einflussfaktoren:
► Beruf/Branche: Sonderkonditionen gibt es etwa für Beamte, Richter, Freiberufler und Mitarbeiter von Banken, karitativen Einrichtungen und der Telekom.
► Alleinfahrer: Nur der Versicherungsnehmer lenkt den Pkw, kein Familienmitglied sitzt hinterm Steuer.
► Fahrzeugalter: Ein Neuwagen (nicht älter als ein Jahr seit Erstzulassung) bringt in der Regel Rabatte bis zu zehn Prozent.
► Fahrleistung: Fahrer mit 6000 bis 9000 Kilometern pro Jahr sind privilegiert, schließlich sinkt mit geringer Fahrleistung statistisch gesehen auch das Unfallrisiko.
► Einzel-/Sammelgarage: Die Prämie sinkt auch, wenn das Auto tagsüber/nachts geschützt vor Vandalen und Dieben geparkt wird.
► Geschlecht: Frauen fahren in der Regel vorausschauender als Männer und verursachen somit weniger Unfälle.
► Kinder: Der Versicherte lebt in häuslicher Gemeinschaft mit Kindern unter 15 Jahren. Grund: Eltern steuern vorsichtiger durch den Verkehr als kinderlose Singles.
► Zahlungsweise: Wer den Beitrag statt viertel- oder halbjährlich komplett in einer Summe zahlt, erhält meist bis zu fünf Prozent Rabatt auf die Police.
► Kundentreue: Mehrere Policen (Leben, Kranken, Unfall) bei derselben Gesellschaft zahlen sich mit Rabatten bis zu zehn Prozent bei der Kfz-Police aus.
► Werkstattbindung: Rabatte locken Versicherte, die bereit sind, das Auto bei Kaskoschäden nur in Partnerwerkstätten der Versicherung reparieren zu lassen.
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